Wie ich Freundschaften loslasse, die mir nicht guttun
Vielleicht kennst du das auch: Zu Beginn fühlt es sich nur wie ein vages, unangenehmes Gefühl an, das schwer zu fassen ist. In Freundschaften, in denen der Kontakt nicht regelmäßig und intensiv stattfindet, bleiben toxische oder ungesunde Verhaltensweisen oft unbemerkt. „Toxisch“ bedeutet hier „ungesund“ oder „schädlich“. Früher hätte man solche Menschen als einfach problematisch oder negativ beschrieben. Aber am Ende geht es um Beziehungen, die nicht mit meinen eigenen Werten, Bedürfnissen und Vorstellungen von Freundschaft im Einklang stehen. Solche Dynamiken machen eine Freundschaft von einer unterstützenden Beziehung zu einer belastenden.
Toxische Verhaltensweisen in Freundschaften sind oft nicht sofort erkennbar. Sie schleichen sich langsam ein und beginnen mit kleinen Unstimmigkeiten, die anfangs harmlos wirken. Anfangs spürte ich nur ein vages Unbehagen, ohne sofort zu wissen, warum. So erging es mir in einer Freundschaft, die sich mit der Zeit immer merkwürdiger anfühlte. Zunächst waren es alltägliche Situationen, die plötzlich zu unnötigen Konflikten führten. Ein harmloser Witz oder ein Missverständnis entfachte Streitigkeiten, die immer wieder aufkamen. Anfangs versuchte ich, die Dinge schönzureden. Ich dachte: „Vielleicht habe ich etwas falsch gesagt oder missverstanden.“ Doch je mehr Kontakt wir hatten, desto mehr merkte ich, dass meine Freundin eine fast übermäßige Empathie für meine Themen zeigte. Anfangs hielt ich das für Fürsorglichkeit und dachte, das sei typisch für eine gute Freundschaft, wenn sich jemand so sehr für die eigenen Gefühle interessiert. Doch was zuerst nach Unterstützung aussah, verwandelte sich immer mehr in eine gleichzeitige Abwertung meiner Gedanken und Gefühle. Es gab Momente, in denen sie mir zustimmte, die aber oft mit subtiler Kritik und Missachtung verbunden waren. Ich fragte mich irgendwann: „Soll das wirklich Freundschaft sein?“ Ich fühlte mich zunehmend unwohl und erkannte, dass mir diese Beziehung mehr schadete als half.
Was ich damals erlebte, war ein klassisches Beispiel für toxische Verhaltensweisen. Diese sind oft so subtil, dass sie anfangs kaum auffallen. Doch mit der Zeit können sie das eigene Wohlbefinden stark beeinflussen. Es ist wichtig, diese Muster früh zu erkennen und zu verstehen, wenn eine Freundschaft nicht mehr gesund ist.
Es gibt einen wichtigen Punkt, den ich hier noch anmerken möchte:
Jeder Mensch hat eine subjektive Wahrnehmung. Doch in einer gesunden Beziehung sollte jeder so sein können, wie er ist, und seine eigenen Gedanken und Meinungen vertreten können, ohne dafür kritisiert, abgewertet oder herabgesetzt zu werden. Die Grundlage gesunder Beziehungen ist gegenseitiger Respekt, bei dem gemeinsame und wertschätzende, verbindende Werte die Grundlage des Verhaltens aller Beteiligten bilden. Toxisches Verhalten entsteht genau dort, wo diese Werte fehlen.
Narzissmus und toxisches Verhalten
Im Kontext von toxischem Verhalten wird oft der Begriff „Narzissmus“ verwendet. Ich persönlich bin kein Freund von Kategorisierungen, dennoch höre ich in meinen Coaching-Gesprächen immer wieder die Frage: Ab wann spricht man eigentlich von Narzissmus? Und ab wann wird Narzissmus toxisch? Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass selbst narzisstische Tendenzen toxisch sein können. Alle Verhaltensweisen, bei denen Wertschätzung, Offenheit und Toleranz fehlen, sind ungesund und schädlich für unser Wohlbefinden. Es geht dabei nicht nur um große, auffällige Narzissmus-Diagnosen, sondern um subtile Formen des Verhaltens, die die Gefühle des anderen minimieren und abwerten.
Beispiele für toxisches Verhalten:
Manipulation: Die Wahrnehmung wird so verdreht, dass du dich schuldig fühlst, obwohl die Situation nichts mit dir zu tun hat. Toxische Menschen nutzen Entschuldigungen oft als Manipulationsmittel, um ihren Vorteil zu erlangen oder um sich aus der Verantwortung zu ziehen, ohne eine echte Veränderung zu zeigen.
Unangemessene Kritik: Deine Entscheidungen oder Handlungen werden in Frage gestellt. Es fühlt sich nicht nach Unterstützung an, sondern eher wie ein Abwerten.
Gaslighting: Deine Wahrnehmung der Realität wird infrage gestellt, was dazu führt, dass du an deinem eigenen Verstand zweifelst.
Egoismus und Unzuverlässigkeit: Deine Bedürfnisse werden entweder ignoriert oder hinter die eigenen zurückgestellt, oft aus egoistischen Motiven. Verabredungen werden wiederholt verschoben oder gar nicht eingehalten.
Ständige Dramen: Jede kleine Meinungsverschiedenheit wird zu einem riesigen Drama, das die Freundschaft zu einer emotionalen Achterbahnfahrt macht. Du fühlst dich ausgelaugt und gestresst.
Entschuldigungen mit Bedingungen: Anstatt einfach „Es tut mir leid“ zu sagen, fügen toxische Freunde Bedingungen hinzu, wie etwa: „Es tut mir leid, aber du hast mich auch provoziert“ oder „Ich entschuldige mich, weil ich nicht wollte, dass der Abend so endet. Du solltest mir dafür dankbar sein.“ Oder sie sagen: „Ich entschuldige mich, aber nur wenn wir uns wiedersehen. So viel sollten wir uns schon wert sein!“ Damit schieben sie die Verantwortung auf den anderen ab und vermeiden es, wirklich für ihr Verhalten einzustehen.
Verleugnung der Verantwortung: Sie versuchen, das Geschehen umzudrehen oder die Schuld auf dich abzuwälzen. Sie entschuldigen sich vielleicht, ohne zuzugeben, dass sie wirklich etwas Falsches getan haben.
Wiederholung des Verhaltens: Eine Entschuldigung wird oft zu einer leeren Geste, da das toxische Verhalten immer wiederkehrt.
Missachtung der Gefühle: Toxische Freunde ignorieren oder minimieren deine Gefühle, machen sie lächerlich oder verletzen dich. Sie zeigen wenig Empathie und tun oft so, als ob sie es nur gut meinen, obwohl sie deine Gefühle nicht respektieren. Ein Beispiel: Wenn ein Freund sagt: „Du musst doch nicht traurig sein“, während du dich wirklich verletzt fühlst.
Wie ich herausgefunden habe, ob meine Freundschaft toxisch ist:
Wenn du dir unsicher bist, ob deine Freundschaft toxisch ist, stell dir einige Fragen und reflektiere die Dynamik. Stelle dir vor, eine Freundin würde dir von ihrer (dieser) Freundschaft erzählen. Wie würdest du darauf reagieren? Würdest du die Beziehung als gesund und unterstützend ansehen oder würdest du dich Sorgen machen? Manchmal hilft es auch, eine außenstehende Person um Rat zu fragen, um die Dinge klarer zu sehen.
Frage dich auch: „Fühlt sich meine Freundschaft gut an?“ Höre auf dein Bauchgefühl. Wenn du dich ständig unwohl fühlst oder immer wieder gestresst und ausgelaugt bist, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass etwas nicht stimmt. Überlege, ob das Verhalten mit deinen Werten und Vorstellungen von Freundschaft übereinstimmt. Gesunde Beziehungen sollten dich stärken – wenn das nicht der Fall ist, könnte es Zeit sein, die Freundschaft zu hinterfragen.
Lösungen: So löse ich mich aus toxischen Freundschaften
Selbstreflexion: Der erste Schritt, eine toxische Freundschaft zu beenden, ist, ehrlich zu mir selbst zu sein. Welche Energie und welches Wohlbefinden bringt mir diese Beziehung? Wie fühle ich mich, wenn ich an diese Person denke oder mit ihr Zeit verbringe?
Klare Grenzen setzen: Oft entstehen toxische Freundschaften, weil man seine eigenen Bedürfnisse und Grenzen nicht deutlich macht. Wenn ich merke, dass ich ständig übergangen oder verletzt werde, ist es an der Zeit, Grenzen zu kommunizieren. Eine gesunde Beziehung respektiert deine Grenzen mit Verständnis und Annahme.
Offenes Gespräch: In manchen Fällen kann ein ehrliches Gespräch helfen, die Dynamik zu verändern.
Langsame Distanzierung: Wenn ein direktes Gespräch schwierig ist oder keine Veränderung folgt, kann es hilfreich sein, den Kontakt langsam zu verringern. Das gibt mir den Raum, mich zu distanzieren, ohne unhöflich zu sein.
Vertraue deinem Bauchgefühl: Wenn du immer wieder ein ungutes Gefühl hast, ist das oft ein Hinweis, dass etwas nicht stimmt. Höre auf dieses Gefühl und sei bereit, Entscheidungen zu treffen, auch wenn es unangenehm ist.
Suche Unterstützung: Sprich mit anderen vertrauten Personen über deine Erfahrungen. Sie können dir eine Außenperspektive bieten und dir helfen, klarer zu sehen.
Akzeptiere Veränderungen: Nicht jede Freundschaft muss ein Leben lang halten. Manchmal wachsen Menschen auseinander, und das ist völlig in Ordnung. Es ist wichtig, sich selbst die Erlaubnis zu geben, Beziehungen zu beenden, die einem nicht guttun oder nicht (mehr) zu dir passen.
Toxische Verhaltensweisen schleichen sich oft langsam ein und sind schwer zu erkennen, besonders wenn man emotional involviert ist. Doch es ist entscheidend, diese Muster frühzeitig zu bemerken, um sich selbst zu schützen und gesunde Beziehungen zu pflegen. Wenn du dich in einer solchen Freundschaft wiederfindest, ist es wichtig, aktiv zu reflektieren und Schritte zu unternehmen, um dich von schädlichen Beziehungen zu befreien und dir den Raum für gesunde, unterstützende Freundschaften zu geben.
Fazit: Höre auf dein Bauchgefühl. Du verdienst gesunde, unterstützende Beziehungen, die dich stärken und dir guttun. Und du hast das Recht, dich von Freundschaften zu trennen, die dir nicht gut tun – egal wie subtil die Toxizität auch erscheinen mag. Du bist es wert, das Beste in Beziehungen zu erleben.
Herzlichst,
Jacqueline I Coach & Psychologische Beraterin
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